Mehr Fahrradwerkstatt
statt Autopflege
Hannoversche Werkstätten in Rethen stellen ihr Angebot um –
und bauen auch ihr neues Catering aus

Dieses Angebot wird ausgebaut: Tim Versümer (links) und Gruppenleiter Axel Busch besprechen eine Fahrradreparatur in der Fahrradwerkstatt der Hannoverschen Werkstätten in Rethen.Fotos: Daniel Junker
Rethen. Jahrelang hatte Georg Richter sein Auto bei den Hannoverschen Werkstätten in Rethen pflegen lassen. Doch als der Senior in diesem Jahr erneut einen Termin vereinbaren wollte, ist ihm mitgeteilt worden, dass das Angebot eingestellt wurde. „Da war ich erst einmal geplättet“, sagt Richter, der in Hannover-Wettbergen wohnt und für die Autopflege immer eigens nach Laatzen gekommen war.

In Rethen arbeiten Menschen mit Behinderungen, die in unterschiedlichen Bereichen ausgebildet werden. „Ich habe mein Auto einmal im Jahr zur Autopflege gebracht und war immer zufrieden“, sagt Richter. Zudem seien die Preise moderat gewesen. Die Mitarbeitenden hätten seiner Einschätzung nach Freude an ihrer Tätigkeit gehabt.

Seines Wissens sei die Werkstatt stets gut ausgelastet gewesen. „Ich habe mich deshalb gewundert, warum das Angebot sang- und klanglos eingestellt wurde“, sagt Richter. „Die Werkstätten hätten ja erst einmal die Preise anpassen können. Das wäre durchaus in Ordnung gewesen.“

Eingestellt wurde das Angebot bereits zum 1. Juli. „Die Autopflege war nachgefragt“, bestätigt Standortleiter Thomas Wachenhausen. Allerdings hätten die vier Mitarbeitenden meist nur ein Fahrzeug pro Tag geschafft – was auch mit einer Preiserhöhung nicht wirtschaftlich gewesen wäre. Zwar sei die Wirtschaftlichkeit nicht der wichtigste Aspekt, sie spiele aber durchaus eine Rolle. Zudem gebe es in der Nähe mittlerweile einige Mitbewerber im Bereich Autoaufbereitung, ergänzt Daniel Göpfert, Abteilungsleiter am Standort Rethen.

Der Hauptauftrag der Werkstätten sei die Wiedereingliederung. „Unser Fokus liegt ganz klar auf Qualifizierung und Reha. Wir müssen interessante und auch nachgefragte Arbeitsplätze anbieten“, sagt Wachenhausen. Grundsätzlich könnten sich die Mitarbeitenden ihren Arbeitsplatz selbst aussuchen. Das Team der Autopflege sei gealtert und das Interesse bei anderen gering gewesen.

Als Ausgleich wird nun die seit 2009 bestehende Fahrradwerkstatt erweitert. Interessierte können dort ihr Zweirad reparieren oder eine Inspektion durchführen lassen. „Die Fahrradwerkstatt ist ein nachgefragter Bereich, sowohl von unseren Mitarbeitenden als auch von den Kundinnen und Kunden“, sagt Göpfert. „Es gibt im Umkreis nicht mehr viele Fahrradläden.“

Mit der Umstrukturierung soll die Werkstatt mehr Platz bekommen. „Wir hatten bislang nur einen Gruppenraum mit sechs Arbeitsplätzen, der Raum war immer voll“, so Wachenhausen. „Wir wollen das Angebot jetzt auf zwölf Arbeitsplätze erweitern und können auch einen Platz für Rollstuhlfahrer anbieten.“

Aktuell wird der frühere Raum der Autopflege renoviert. Dort sollen eine Dialogannahme sowie ein Verkaufsbereich für aufgearbeitete Fahrräder und Zubehör eingerichtet werden. „Bisher hatten wir die Räder in drei gemieteten Garagen und in einem Zelt auf unserem Hof abgestellt“, sagt Wachenhausen. Ein Teil davon könne nun in den Verkaufsraum umziehen. So entstehe mehr Kontakt zu den Kundinnen und Kunden. Zudem biete die Fahrradwerkstatt viele Ausbildungsmöglichkeiten. „Neben der Qualifizierung zum Zweiradmechaniker können die Mitarbeitenden in den Bereichen Kundenannahme, Verkauf, Lagerhaltung sowie Bestellung von Zubehör und Ersatzteilen geschult werden.“

Was die Werkstatt besonders macht: „Wir ermöglichen Dinge, bei denen Sie bei anderen weggeschickt werden“, sagt Wachenhausen. Als Beispiel nennt er den aufwendigen Reifenwechsel bei E-Scootern. „Das macht sonst kaum jemand.“ Das Team erledige allerdings nur mechanische Dinge. „Wir nehmen keine Elektronik auseinander.“

Den Service der Fahrradwerkstatt kann jeder nutzen, die Termine werden nach Absprache unter Telefon (05102) 93098-293 vergeben. „Wir sind ganzjährig ausgelastet, in der Saison entstehen Wartezeiten“, sagt Wachenhausen.

Darüber hinaus haben die Hannoverschen Werkstätten im Januar einen Cateringservice eingeführt, der derzeit noch ausgebaut wird. „Der Seminarservice richtet sich vor allem an Betriebe“, sagt Wachenhausen. Firmen könnten eine Verpflegung für zehn bis etwa 50 Personen buchen, zum Beispiel für Besprechungen, Workshops oder Betriebsfeiern. „Die Palette reicht von belegten Brötchen über Fingerfood, Suppe und Kuchen bis zur kompletten Veranstaltungsbegleitung.“ Zudem sei es möglich, das Werkstätten-Bistro in Rethen zu nutzen. Aktuell sind dort ein Gruppenleiter, acht Werkstattbeschäftigte sowie ein Koch zur Unterstützung tätig. „Die Mitarbeitenden bekommen hier die Möglichkeit, alle notwendigen Arbeitstechniken zu lernen“, sagt Wachenhausen.

„Wir können auch kleinere Familienfeiern von Privatpersonen bedienen“, ergänzt der Standortleiter. Die Werkstätten bieten das Catering allerdings nur werktags zwischen 7 und etwa 16 Uhr an – auch wegen der Fahrdienste, von denen die Beschäftigten abhängen. Infos gibt es unter Telefon (0511) 5305-269.
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