„Du musst nicht wegwerfen ...“

Pastorin Silke Appelkamp-KragtFOTO: PRIVAT
Ich steh voll auf diese Repair Cafés. Circa 1750 gibt es inzwischen in Deutschland. In meinem Ort gehört zum Repair Café eine Frau, die näht Dir ein Loch in deinem Wollpullover so zu, dass du die Stelle, wo das Loch war, nicht wiederfindest. Ich bin begeistert. Toaster, Nähmaschinen, Computer, Handys, Wollklamotten… kannst du alles hinbringen. Männer und Frauen wissen dort Rat. Aber das Beste ist für mich: Du musst nicht wegwerfen, was eine Delle, ein Loch, einen Kabelbruch oder sonst eine Einschränkung hat. Dein Klodeckel oder deine Uhr werden wiederhergestellt, (lateinisch: repariert) und sind weiterhin voll funktionsfähig.

Gestern war ich in einem Film: miroirs No 3 von Christian Petzold. Thema: Reparieren. Petzold will statt der vielen und massiven Zerstörungserzählungen und Erfahrungen dieser Zeit eine Reparaturgeschichte erzählen. Es geht oberflächlich gesehen um die Reparatur der Dinge. Autos, Fahrräder, Geschirrspülmaschine, Klavier, um all das wird sich (von den Männern) gekümmert. Aber eigentlich geht es um eine viel tiefere Wiederherstellung. Nämlich um die „Reparatur“ von Beziehungen nach dem Verlust von Menschen. Die Reparaturgeschichte im Film handelt davon, dass mit Hilfe fremder Personen Trauer möglich ist und neue gute Beziehungserfahrungen entstehen.

Wenn Jesus heute leben würde, hätte er vielleicht ein Repair Café eröffnet: Eines, in dem wie im Film Beziehungen wiederhergestellt würden. Davon erzählen viele biblischen Geschichten. Mir fällt eine Szene aus dem Johannesevangelium ein. Jesus sagt, den Tod schon vor Augen, zu seiner Mutter Maria: Siehe, das ist dein Sohn und zu seinem Freund Johannes: Siehe, das ist deine Mutter. Man kann angesichts von Verlusten eskalierend wirken. Das ist die Zerstörungserzählung unserer Tage. Man kann aber auch helfen, zu reparieren und zu erneuern.

Pastorin
Silke Appelkamp-Kragt,Krankenhausseel-
sorgerin im Klinikum
Agnes Karll
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