Keine Rücksicht mit dem Rad?
Polizei und Ordnungsamt kritisieren Missachtung der Vorfahrtsregel am nördlichen Kreisel in Pattensen-Mitte. Der ADFC hält dagegen.

Bitte warten: Diese Radfahrerin lässt zunächst ein Auto passieren, ehe sie über die Straße am Kreisel fährt.Foto: Mark Bode
Pattensen. Verhalten sich Radfahrer im Kreisverkehr am nördlichen Ortseingang von Pattensen-Mitte zu rücksichtslos? Joachim Willmann, Leiter des Einsatz- und Streifendienstes im Polizeikommissariat Springe, hat nach eigenen Worten beim regelmäßigen Vorbeifahren mehrmals in der Woche festgestellt, dass sich Radfahrende „rücksichtslos” verhielten und dort keine Vorfahrt gewährten. Ähnliche Beschwerden habe er auch von anderen Verkehrsteilnehmern gehört. Vertreter des Fahrradclubs ADFC sehen aber auch Autofahrende in der Verantwortung. Lässt sich das Problem in den Griff bekommen?

Die Unfallzahlen klingen derzeit zwar nicht besorgniserregend: Seit 2022 hat das Polizeikommissariat Springe neun Unfälle am Kreisel nahe dem Ortseingang von Pattensen-Mitte an der Göttinger Straße registriert. In zwei Fällen davon haben laut Willmann Fahrradfahrer die Vorfahrt missachtet. Zwar handele es sich damit noch nicht um einen Unfallschwerpunkt, dennoch wolle er warnen. Der Polizist fährt nach eigener Auskunft täglich an dem Kreisel vorbei. „In einer guten Woche sind es drei bis fünf Radfahrer, die Autofahrenden die Vorfahrt nehmen. In schlechten Wochen noch mehr“, sagt Willmann.

„Die Beschilderung ist eindeutig“, sagt Lars Klüger, Pattenser Sachgebietsleiter Sicherheit und Ordnung. „Sie wird nur in sehr vielen Fällen ignoriert”, ergänzt Willmann. Die Schilder zeigen es an: Wer aus Pattensen-Mitte Richtung Norden fährt und am Ende des Weges die Straßenseite wechseln möchte, muss Autofahrende passieren lassen. Das gilt auch am zweiten Übergang beim Kreiselabzweig in Richtung des Wohngebiets Pattensen-Mitte-Nord sowie weiter in Richtung Hemmingen-Hiddestorf.

Willmann sagt aber auch, dass er Verständnis für die Radfahrenden hat: „Ich kann verstehen, dass ich nicht bremsen möchte, wenn ich gerade im Fluss bin.“ Seine Erfahrung: „Autofahrende, die den Kreisel kennen, fahren dort sehr vorsichtig. Viele rechnen schon mit einem Fehlverhalten der Radfahrer.“ Willmann appelliert an Menschen, die auf dem Zweirad unterwegs sind: „Radfahrer haben kein Blech um sich herum.“ Sie seien somit bei möglichen Kollisionen wenig geschützt und deutlich verwundbarer.

Jens Spille, Sprecher des ADFC Hemmingen/Pattensen, hat dagegen nach seinen Worten immer wieder ein Fehlverhalten bei Autofahrenden festgestellt. „Ich beobachte sehr häufig, dass bei der Ausfahrt aus dem Kreisel nicht ordnungsgemäß der Blinker betätigt wird.“ Er führt aus: „Das heißt, der Radfahrende muss annehmen, der Kfz-Verkehr quert nicht seine Fahrbahn, und der Radfahrende kann die Fahrbahn gefahrlos queren – eigentlich.“ Hinzu kämen teilweise hohe Geschwindigkeiten. „Da bleibt keine Zeit mehr zum Reagieren.“

Der Pattenser CDU-Ratsherr Matthias Wiesner sieht das Hauptproblem darin, dass an vielen weiteren Kreiseln in der Region Hannover und anderswo die Radfahrenden Vorrang vor dem aus dem Kreisel fahrenden Autoverkehr haben. Für den Grünen-Ratsherren Michael Dreves wird „das Problem herbeigeredet. Es gibt Autofahrende, Fußgehende und Radfahrende, die die Verkehrsregeln missachten“. Die Schuld einzig bei den Radfahrenden zu suchen, hält er nicht für angemessen.

Trotz der unterschiedlichen Positionen – in einem Punkt sind sich alle einig: Ideen für eine Verbesserung des Ist-Zustands erkennen sie nicht. „Ich wüsste nicht, wie man es beheben kann“, sagt Wiesner. Ähnlich sieht es Polizeibeamter Willmann: Würde man die Vorfahrtsregel ändern, könnte es vermehrt zu Auffahrunfällen bei Autofahrenden kommen.

Der Polizist betont, dass Verkehrsteilnehmende, die mit der aktuellen Lage unzufrieden sind, bei der Stadt Pattensen, den Mitgliedern des Stadtrates oder bei der für diese Straße zuständigen Region Hannover auf die Missstände hinweisen und Verbesserungsvorschläge einbringen könnten.

Druckansicht