Das Interesse ist groß: Allein seit Jahresbeginn 2025 gab es per Google mehr als 40.000 Infoanfragen zum Römerlager Wilkenburg, das vor zehn Jahren entdeckt wurde. Jährlich mehr als 1000 Teilnehmer und Teilnehmerinnen kommen zudem zu den optisch und inhaltlich kreativ gestalteten Vorträgen zur römischen Lebenswelt am Infocenter. Dabei ist Infocenter ein großes Wort: Es handelt sich um eine umgestaltete Laube der angrenzenden Kleingartenkolonie an der Straße Dicken Riede.
Üblicherweise sind die kostenfreien Vorträger eineinhalb Stunden lang und beginnen am ersten Samstag im Monat um 14 Uhr. Der nächste Termin ist nun ausnahmsweise auf den zweiten Samstag des Monats datiert – auf den 9. August. Dies geschieht mit Rücksicht auf die Zeitplanung besonderer Gäste: Mit der deutschlandweit aktiven Gruppe „LEGIO XXI RAPAX“ kommen „Legionäre zum Anfassen“ nach Wilkenburg. Die Aktiven betreiben sogenanntes Reenactment, sie stellen historische Szenen sehr authentisch nach. Geplant ist in Wilkenburg die – nicht schussfähige – Präsentation eines Scorpio, eines extrem durchschlagkräftigen Geschützes der römischen Militärtechnik.
In Wilkenburg engagiert sich nicht nur die Römer AG, sondern auch der Verein Augustus Gesellschaft. Deren Präsident Malte Seils betonte – bei der Tafelenthüllung stilecht in der Rüstung eines römischen Centurio – die Bedeutung des Lagers für die Landesgeschichte.
Hemmingens Bürgermeister Jan Dingeldey (CDU) sagte zu den Aktiven: „Sie sind Fenster in die Vergangenheit und zeigen, was hier alles passiert ist.“ 3500 Euro hat die Stadt Hemmingen für die neuen Infotafeln spendiert. Den von der SPD im Jahr 2023 gestellten Antrag hatten alle Ratsfraktionen unterstützt. Die beiden bisherigen Tafeln waren durch Witterungseinflüsse unbrauchbar geworden und mussten auch inhaltlich aufgearbeitet werden.
Der Ort müsse zur Geschichtsaufarbeitung erhalten bleiben und mehr Aufmerksamkeit erfahren, meinte der Bürgermeister. „Dies ist wichtig, um zu verhindern, was wir hier nicht wollen – Auskiesung.“ Denn die Firma Holcim zeigt weiterhin Interesse am Kiesabbau in diesem Gebiet.
AG-Vertreterin Hagemann hob die Bedeutung des rund 35 Hektar großen Geländes hervor. Vor knapp 2000 Jahren, zu Zeiten des römischen Kaisers Augustus, hatten dort – nach neuesten Erkenntnissen offenbar für drei Monate – mehr als 20.000 römische Soldaten und ihre Hilfstruppen ihr Marschlager aufgeschlagen. Die zwei bis drei Legionen standen laut römischen Schriftquellen unter dem Oberbefehl des Feldherrn und späteren Kaisers Tiberius, der hier Friedensverhandlungen mit örtlichen Stämmen führte.
Bei der Entdeckung des Marschlagers im Jahr 2015 wurden bei stichprobenartigen Grabungen bereits mehr als 150 Münzen, zudem Ausrüstungsgegenstände und Uniformteile, Teile von Pferdegeschirren und Möbelstücken gefunden. Zum Teil waren diese mit Edelmetall wie Gold und Silber überzogen. „Wir kennen kein weiteres Marschlager dieser Art“, betonte Hagemann. Sie verwies darauf, dass es nicht nur das nordöstlichste römische Marschlager überhaupt ist, sondern eines der wenigen, nicht überbauten nördlich des Limes.