Ist ein Goldschakal in Laatzen unterwegs?
Tier wurde mehrfach gesichtet und auch per Wildtierkamera aufgenommen. Es gibt allerdings Zweifel.

Inzwischen auch in Laatzen unterwegs? Gold-schakale werden seit 2015 in Niedersachsen gesichtet.Foto: imageBROKER/Michaela Walch
Laatzen. Laatzen hat seit mindestens einem Monat einen nicht angemeldeten Einwohner mehr: Mehrfach wurde in jüngster Zeit ein Wildtier im Stadtgebiet gesichtet, dessen Identität Rätsel aufgibt. Es könnte sich dabei um einen Goldschakal handeln.

Auf Laatzener Socialmedia-Kanälen wurde Mitte Mai bereits eifrig spekuliert, was genau eine Spaziergängerin, die abends noch mit ihrem Hund unterwegs gewesen war, nahe dem Leine-Center kurz gesehen hat. Sie beschrieb es als ein hundeähnliches Tier, das auf sie etwas unterernährt wirkte. Einem Autofahrer, der am Abend danach von der B6 auf die B443 in Richtung Rethen abbog, lief ein ähnliches Tier zudem vor das Auto. „Zunächst dachte ich an einen Fuchs. Aber dafür war es zu groß und grau im Fell“, so der verblüffte Laatzener.

Einen fotografischen Beleg lieferte dann Laatzens Feld- und Forsthüter Siegfried-Karl Guder: „Auf meiner aufgestellten Wildtierkamera ist ein Goldschakal seit Mitte Mai auf den Nachtaufnahmen immer wieder mal zu sehen“, berichtet er. Er gehe davon aus, dass das Tier, von dem weder Alter noch Geschlecht bekannt sind, zunächst bleiben wird, solange es in der Leinemasch und im Stadtgebiet genug zu Fressen findet.

Goldschakale sind unter anderem in Europa beheimatet und deshalb nach EU-Recht geschützt. Die Zahl der Exemplare wird europaweit auf fast 110.000 geschätzt – vorwiegend leben sie auf dem Balkan. Von dort aus hat in den vergangenen Jahrzehnten durch Wanderung eine Verbreitung nach Zentral- und Westeuropa stattgefunden.

Aber handelt es sich bei dem Laatzener Exemplar tatsächlich um ein solches Tier? Zweifel daran hat Thomas Behling, Wolfsberater des Landes für die Region Hannover. Auf Basis eines der Laatzener Nachtbilder gehe er vielmehr von einem Fuchs aus. Zwar würde die sogenannte Hochläufigkeit des Tieres – schmaler Körper, lange Beine – für einen Goldschakal sprechen. Allerdings hätten diese Tiere deutlich kürzere Schwänze – oder Lunten, wie es in der Jägersprache heißt. „Die Lunte erreicht beim Goldschakal nie den Boden“, sagt der ehemalige Förster.

Guder hält hingegen an seiner Einschätzung fest. „Der Fuchs ist flacher, dieser ist höher auf den Läufen“, sagt der Laatzener. Er befürchte nun, dass das wenige Wild, das es heute noch in der Leinemasch gebe, noch eine weitere Bedrohung erfährt – so wie von anderen, nicht heimischen Tieren wie dem Marderhund und dem Waschbären.

Fest steht, dass Goldschakale in der Region Hannover schon gesichtet wurden. Behling berichtet, er sei vor einigen Jahren wegen eines vermeintlichen toten Wolfes zum Autobahndreieck Kirchhorst gerufen worden, der überfahren worden war. Das Tier stellte sich als Goldschakal heraus. Auch haben Jäger des Hegerings Barsinghausen in den vergangenen Jahren mehrfach, wenn auch seltene, Sichtungen der Tiere gemeldet. Laut Wildtiermanagement des Landes wurden Goldschakale 2015 erstmals in Niedersachsen festgestellt.

Bislang gebe es 21 konkrete Nachweise. Im September 2022 seien erstmals Bilder von Goldschakalwelpen im Landkreis Uelzen bestätigt worden: Der Reproduktionsnachweis gilt als entscheidendes Merkmal, dass sich die Spezies in Niedersachsen fest angesiedelt hat. Für Menschen gilt das Tier nicht als Gefahr – anders bei Nutztieren: In Österreich, Deutschland und Dänemark sind seit Jahren Risse von jungen Schafen und Ziegen registriert worden. Für Schlagzeilen sorgte zuletzt ein Goldschakal auf der Nordseeinsel Sylt, der im Mai dieses Jahres nachweislich 76 Lämmer getötet hat. In Schleswig-Holstein wird derzeit diskutiert, ob das Tier geschossen werden darf.

Druckansicht