„Wir sind bei unseren wöchentlichen Chorproben im Musikraum der Wäldchenschule zuletzt immer nur noch sieben oder acht Stimmen gewesen. Das ist auf Dauer zu wenig“, erklärt die stellvertretende Vorsitzende Barbara Freitag. Auch öffentliche Auftritte seien schon seit einiger Zeit wegen der geringen stimmlichen Besetzung nicht mehr möglich. „Deshalb werden wir im Laufe dieses Jahres unsere Löschung aus dem Vereinsregister beantragen“, kündigt Freitag an. Zugleich bedauert sie das Ende des Chorsingens auf Vereinsebene im Ort.
Sangesfreudige Arnumerinnen und Arnumer hatten sich im Jahr 1975 zusammengefunden. 1976 gründeten sie den Gemischten Chor Arnum. Im Laufe der Jahre ließ die Gesangsbeteiligung der Männer jedoch nach, sodass ab 2006 ein reiner Frauenchor als Chorgemeinschaft Arnum weitersang. Professionell betreut wird dieser seitdem von der erfahrenen Chorleiterin Svitlana Pysmenna.
Zum breiten Repertoire des zumeist drei- bis vierstimmigen Frauenchores gehörten klassische deutsche Volkslieder wie auch moderne Stücke in englischer Sprache. Besonders beliebt im Ort waren die beim jährlichen Adventskonzert vorgetragenen Weihnachtslieder. „Chöre haben seit Längerem überall Schwierigkeiten, noch aktive Mitglieder zu finden“, berichtet Heike Kreipe. Die Vorsitzende des 1878 gegründeten Gesangvereins Concordia Hiddestorf hat darum Verständnis für den jetzt eingeschlagenen Weg des Arnumer Chors. Künftig leitet sie den nunmehr letzten Chor im Hemminger Stadtgebiet, der nicht aus der Verbindung mit einer Kirchengemeinde oder einer Musikschule heraus aktiv ist.
Einer der Gründe für die zunehmenden Auflösungen von Chorgemeinschaften ist aus Kreipes Sicht die Tatsache, dass Menschen sich heute nicht mehr so eng an Vereine binden möchten. Daher seien die Mitglieder oft schon betagter. „Unser ältestes aktives Mitglied ist 85“, sagt Kreipe. Im Chor gebe es zwar viele Aktive, die auch im Alter noch engagiert dabei seien. Doch das lange Stehen beim Chorgesang sei für Senioren und Seniorinnen körperlich anstrengend. Zudem fehlten dem Chor höhere Stimmlagen, weil die Stimmen im Alter meist tiefer würden. „Mit der Auflösung eines Chores geht für die jeweiligen Orte häufig viel verloren“, sagt der ehemalige Präsident des Chorverbandes Niedersachsen/Bremen, Jason Johnson. Die Corona-Zeit habe den Prozess noch verstärkt und beschleunigt. Jüngere Menschen, die singen, engagierten sich lieber bei zeitlich begrenzten Projekten. Weil sie zudem beruflich viel flexibler sein müssten als früher, „wollen und können sie immer weniger Verantwortung übernehmen“, meint Johnson. Da auch in Kindergärten seltener gesungen werde, gehe zudem die Ausbildung des Nachwuchses verloren. Heike Kreipe will sich von diesen Entwicklungen nicht entmutigen lassen. „Wer singen möchte, kann gern zu uns kommen. Mit unserer sehr jungen und engagierten Musikhochschulstudentin Joanna Lehne macht das viel Spaß“, sagt sie – und wirbt für den vereinseigenen Chor ConVoices. Mehr Informationen gibt es online auf convoices.de.
Die ConVoices proben immer donnerstags ab 20 Uhr in Hiddestorf in den Räumen von Meravis, Klagesgarten 11. Interessierte sind willkommen.