Rund zwei Stunden lang sammelten sie in der Frühlingssonne all den Müll ein, den andere entweder aus Unachtsamkeit oder mit Vorsatz nicht in Müllbehälter gesteckt hatten. Am Schluss waren es 352 Müllsäcke, die an festgelegten Sammelstellen auf ihre nun ordentliche Entsorgung warteten.
Oft waren diese prall gefüllt. Neben Taschentüchern und Papierfetzen, Zigarettenkippen und kleinen Schnapsflaschen fanden die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer in Grasdorf auch eine Jalousie, Staubsaugerteile und sogar benutzte Windeln. In Laatzen-Mitte war es ein Kopfkissen, ein Bürostuhl und - kurios - ein Gullydeckel. Die Rethener wunderten sich über eine Kaffeemaschine inmitten der Natur, die Gleidinger über eine Kinderjacke, und in Alt-Laatzen war es ein großer Reifenschlauch und eine als wilder Sperrmüll im Eichstraßenpark abgelegte Kücheneinrichtung.„Es ist unglaublich, was so alles in die Natur geschmissen wird“, sagt Susanne Müller beim Blick auf den Küchenmüll. Die Alt-Laatzenerin ist in einer kleinen Gruppe mit vier weiteren Aktiven vom AWO-Seniorentreff von der Wiesenstraße aus losgezogen. In einer großen Schleife zwischen Quetzenbleck und Baumlehrpfad, Heinrich-Spoerl-Straße und dem Eichstraßenpark sucht sie nach Müll. Mit dabei sind zwei kleine Bollerwagen, mit denen sie die Säcke transportieren.
Einen hat Daniel Stich mitgebracht. „Ich komme aus einem kleinen Dorf in Schleswig-Holstein. Da gibt es so eine Sammelaktion nicht. Ich finde das toll hier. Und da ich selbst bei der Müllabfuhr arbeite, fand ich es passend, heute mitzumachen.“ Dafür hat er sich sogar extra am Samstagmorgen eine eigene Greifzange gekauft und ist bereits eine Stunde früher eigenständig zum Sammeln in Alt-Laatzen losgezogen. Allerdings ist der Handgreifer schon bald defekt. „Er kann meinen weiterbenutzen“, bietet ihm Claudia D’Orio an. Sie ist zum ersten Mal dabei. „Ich finde das wichtig hier. Es ist gegen jeden Menschenverstand, Müll einfach überall hinzuwerfen.“
Am Waldweg Quetzenbleck findet das Quintett einen großen, alten Reifenschlauch, den es zum Mitnehmen in einen der Bollerwagen legt. Der Elektroingenieur und Bündnisgrüne Klaus Rathjen war schon vor der Corona-Zeit mit Parteikollegen selbstständig zum Müllsammeln im Grünen unterwegs gewesen. „Warum funktioniert das mit dem ordentlichen Müllentsorgen eigentlich nicht mehr?“, fragt er und erinnert sich an die einstigen, festen Sperrmülltermine. Damals haben alle an einem festen Tag ihren größeren Müll gemeinsam zur Abholung an die Straße gestellt.
Das erste Mal dabei ist Bernd Stöter. „Wir vom Nabu pflegen den Baumlehrpfad hier. Da gehört das Müllsammeln quasi mit zu unseren Hausaufgaben – und wir finden bei der Aktion so vielleicht noch weitere Interessenten, die mitmachen wollen“, erläutert er.„Dieser Laatzen-räumt-auf-Tag verdient seine Aufmerksamkeit“, findet Susanne Müller. Durch ihr Mitwirken möchte sie als Vorbild dienen für all diejenigen, die ihren Müll einfach unbedacht in die Umgebung werfen. Den selbstgesteckten Anspruch lebt sie auch vor: „Freitags um 15 Uhr treffe ich mich regelmäßig mit anderen. Dann gehen wir los - mit Zangen und Müllsäcken“, lädt die Alt-Laatzenerin zum Mitmachen ein.
Udo Hetmeier, der als Quartiersmanager von Alt-Laatzen zum dritten Mal dabei ist, betont: „Wenn Nachbarn sich zusammenschließen, um ihren Stadtteil zu säubern, stärkt das den Zusammenhalt und das Gemeinschaftsgefühl. Am Ende profitieren alle – die Umwelt, die Anwohner und das soziale Miteinander.“
„Mein Dank gilt allen, die sich beteiligen“, lobt Bürgermeister Kai Eggert (parteilos). „Es ist wichtig, das Thema Müll, das bedauerlicherweise einen prägenden Einfluss auf unser Stadtbild hat, immer wieder ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken“, betont er. Bereits vorab hatten die Albert-Einstein-Schule und die Grundschulen Grasdorf und Alte Rathausstraße ebenso wie die KiTa Alte Rathausstraße in eigenen Aktionen Müll im Stadtgebiet gesammelt.
„Natürlich kann das gesamte Jahr über Müll gesammelt werden. Das nötige Material ist jederzeit bei mir erhältlich. Eine Mail oder ein Anruf genügt“, wirbt Claudia Müller, die Koordinatorin von „Laatzen räumt auf“ im Rathaus, um weitere Mithilfe aus der Bürgerschaft. Auch über Udo Hetmeier sind für Alt-Laatzen Müllsäcke und Greifzangen dafür erhältlich, entweder per E-Mail an udo.hetmeier@laatzen.de oder unter Telefon (0173) 2367378.