„Bei einer Wahl kann man nicht jeden Tag mitmachen“, sagt Kristian Block. Politik interessiere ihn generell und er wolle die Abläufe einer Wahl gern persönlich miterleben – zumal bei dieser: „Die Bundestagswahl hat einen starken Einfluss auf unser Leben, und ich bin sehr interessiert an den Ergebnissen.“ Am Wahlsonntag wird er als Spätschicht in der Erich-Kästner-Schule sitzen. In einem Klassenraum wird er mit weiteren Helfern Wählerlisten abgleichen und Unterlagen aushändigen.
Mitschüler Marc Zaidenberg, der ebenfalls aus Laatzen-Mitte kommt, ist für die Frühschicht ab 7.30 Uhr im Erich-Kästner-Gymnasium eingeteilt. „Wahlhelfer zu sein ist eine neue Erfahrung, die ich auch mit dem Unterricht verknüpfen kann“, begründet der junge Mann seine freiwillige Meldung. Außerdem könnten sie als Kurs es allen älteren Leuten zeigen, die behaupteten, die Jugend interessiere sich nicht für Politik, ergänzt er lächelnd. Mit Kristian und Marc hat sich ein kompletter Politikkursus der AES als Wahlhelfer gemeldet. Etwas Vergleichbares gab es dort noch nie.
Im ersten Halbjahr hätten sie das politische Wahlsystem durchgenommen, nun könnten dies alle in der Praxis erfahren, sagt Politiklehrer David Brandeuer: „Mehr reale politische Bildung geht nicht.“ Der Pädagoge ist begeistert über die ergriffene Chance. Dass sich zusätzlich zu seinen neun Kursteilnehmern noch vier weitere Oberstufenschüler als Wahlhelfer meldeten, freue ihn sehr: „Das sind sehr reife, interessierte und neugierige Schülerinnen und Schüler.“ Insgesamt kamen allein bei der Albert-Einstein-Schule 13 Wahlhelfer zusammen. Doch nicht alle, die mithelfen wollten, haben eine Zusage erhalten.
Suchte die Stadt bei früheren Wahlen teils händeringend Freiwillige, waren die rund 290 Plätze inklusive Krankheitsreserve dieses Mal schnell vergeben. Insgesamt meldeten sich 325 Freiwillige. Somit stehen noch knapp 40 Namen auf der Warteliste. „Erfahrungsgemäß ist die Bereitschaft zur Unterstützung bei einer Bundestagswahl höher als bei anderen Wahlen“, teilte Stadtsprecherin Ilka Hanenkamp-Ley mit. Bei der letzten Wahl 2021 gab es gleichwohl nur etwa 20 Namen in Reserve.
Anne-Sophia Röhrscheid ist eine jener Menschen von der Warteliste. „Schade, ich hätte gern mitgemacht“, sagt die AES-Schülerin, „aber es freut mich, dass so viele Engagement zeigen.“ Die Rethenerin spricht mit Freunden und Familie viel über Politik. Dabei hat sie beobachtet, dass Diskussionen auch schnell emotional werden. „Die Bundestagswahl könnte einen Wendepunkt bedeuten“, meint Marc Zaidenberg. Angesichts weltpolitischer Ereignisse mitsamt der Entwicklung in den USA und dem Russland-Ukraine-Krieg sei der Wahlausgang am 23. Februar für ihn von großem Interesse. Für die Wahllokale in Laatzen sind konkret 141 Einwohnerinnen und Einwohner sowie 75 Stadtbeschäftigte eingeteilt. Ungeachtet der Warteliste gibt es weitere 76 Freiwillige als Reserve, darunter elf Stadtbeschäftigte. Und was bekommen Helfer nun für ihre Früh- oder Spätschicht sowie das abendliche Auszählen in Laatzen? Die Stadt hat die Antwort: Wahlvorstehende erhalten 45 Euro, alle anderen 35 Euro.