Im Oktober buddelte ein Sondierungsteam erstmals in dem betroffenen Vorgarten. Vor einigen Tagen untersuchte diesen ein anderer Kampfmittelbeseitigungsdienst noch näher, berichtet ein grauhaariger Laatzener. „Meine Nachbarn und ich wollen wissen, was hier passiert“, sagt der Mann, der wie alle weiteren fünf Befragten seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Bei der Stadt hoffte er mehr zu erfahren. „Leider vergeblich. Mir wurde nur gesagt, dass für dieses Jahr keine Maßnahmen geplant seien.“ Doch die Aussage reiche niemanden.
„Natürlich ist das ein Thema, wenn der Kampfmitteldienst da ist“, betont eine Mutter mit Kind. Alle hätten die Evakuierung 2023 miterlebt und fragten sich, was nun los sei. Andererseits gelte es abzuwarten. „Wir können nicht alle Depressionen bekommen.“ Ein Nachbar, dessen Grundstück an den Weg zum Verdachtspunkt grenzt, wünsche sich einen offeneren Umgang. Er will für den Ernstfall vorbereitet sein und hat Kontakt zur Versicherung aufgenommen. „Mir gefällt nicht, dass die Stadt so mauert.“ Die Stadt begründe ihrer Zurückhaltung damit, keine Unsicherheiten schüren zu wollen, ergänzt der Grauhaarige: „Doch so, wie sie es jetzt macht, verunsichere sie die Menschen.“
Im Viertel kursieren verschiedene Hinweise auf ein echtes Kampfmittel im Boden. Der frühere Eigentümer des betroffenen Grundstückes habe schon vor Jahrzehnten gesagt ‚Unter meinem Haus liegt eine Bombe‘, erinnert sich ein Senior. Ein anderer Mann will von einem Sondierungsmitarbeiter gehört haben, dass dort eine Fünf-Zentner-Bombe liege. Die daraufhin angefragte Stadt kann dies nicht bestätigen: „Es gibt dort einen Blindgängerverdachtspunkt“, antwortet Stadtsprecherin Sonja Westphal am Freitag. „Nähere Erkenntnisse gibt es nicht.“
Dass es nach der im März 2023 entschärften 250-Kilogramm-Fliegerbombe weitere Verdachtspunkte in der Debberode – wie auch generell in Laatzen-Mitte – gibt, verwundert kaum. „Die Grasdorfer haben damals gesehen, wie die Bomben hier herunterkamen“, sagt ein Senior. Grasdorf selbst sei schwer getroffen worden. Dass Felder und Wiesen dann mit Häusern bebaut wurden, ohne vorher den Boden näher zu untersuchen, sei leichtsinnig gewesen. Der aktuelle Verdachtspunkt in der Debberode werde sicher nicht der letzte sein, meint ein Dritter.
Das Rathaus weist Kritik an seiner Informationspolitik zurück und betont die Routine von Voruntersuchungen. „In weit über 90 Prozent der Fälle ergibt sich dabei kein Befund, der initiale Verdacht bestätigt sich somit nicht“, so Stadtsprecherin Westphal. Eine gesonderte Information über einzelne Sondierungen sei daher weder zielführend noch erforderlich.
Nach Angaben der Stadt sind aktuell fünf verschiedene Fachfirmen dabei, 26 Verdachtspunkte zu untersuchen. Wo diese alle liegen, ist unklar. Die Stadt bestätigt Orte zuletzt nur nach konkreter Anfrage von Adressen.
Immerhin: Für vier der 26 Verdachtspunkte gibt es eine Art Entwarnung, darunter für die Würzburger Straße. „Es konnten keine Anomalien festgestellt werden“, so die Stadtsprecherin. Die offizielle Freigabe des Kampfmittelbeseitigungsdienstes liege aber noch nicht vor. Das Gleiche gelte für das Grundschulgelände Im Langen Feld. Bei den bisherigen Messungen unter der Hausmeisterwohnung hätten ebenfalls keine Anomalien festgestellt werden können, so Westphal weiter: „Die abschließende Sondierung über weitere Bohrlöcher erfolgt nach dem Rückbau.“
An anderen Stellen hingegen muss weiter sondiert werden, darunter auf einer Leinemaschwiese westlich des Regionsklinikums Agnes Karll und an der Mergenthalerstraße. Im Innenhof des dortigen Seniorenheims Victors Residenz hatten Experten zuletzt eine Anomalie in neun Metern Tiefe ausgemacht. Diese solle im Dezember mit einer neuen Methode näher untersucht werden, so Residenzleiter Adrian Grandt. Die Vorbereitungen dafür beginnen dieser Tage.
Die Stadt hatte zuletzt mitgeteilt, mit einer möglichen Evakuierung in Laatzen sei – wenn überhaupt – erst 2025 und nicht schon früher zu rechnen. Die Öffnung von Blindgängerverdachtspunkten erfordere eine sorgfältige, individuelle Planung, so Sprecherin Westphal: „Zum einen sind wir von den Kapazitäten des Kampfmittelbeseitigungsdienstes abhängig, zum anderen beeinflussen externe Bedingungen wie die Witterung – beispielsweise Grundwasserspiegel oder Frost – maßgeblich den Zeitpunkt und die Durchführbarkeit der Maßnahmen.“