Am 9. November 1918 wurde nach den Schrecken des ersten Weltkriegs die erste deutsche Republik ausgerufen. Sie hatte von Anfang an einen schweren Stand. Reparationszahlungen, Hyperinflation, Arbeitslosigkeit in der Weltwirtschaftskrise – vielfältige Krisen belasteten die Weimarer Republik. Die politischen Gegensätze verschärften sich zusehends. Das Ende kam am 4. Januar 1933, als Adolf Hitler die Regierung bildete. Das Dritte Reich begann.
Am 9. November 1938 brannten in Deutschland Synagogen. Jüdische Geschäfte und Einrichtungen wurden demoliert und geplündert. Hunderte von Juden wurden innerhalb weniger Tage ermordet. Die Diskriminierung der jüdischen Bevölkerung verschärfte sich – bis zum Völkermord an den europäischen Juden.
Das dunkelste Kapitel unserer Geschichte. Eine unglaublich große Schuld.
An vielen Orten im Kirchenkreis erinnern wir in Gedenkandachten daran. Bitte nehmen Sie daran teil!
Am 9. November 1989 war einer der glücklichsten Tage der jüngeren deutschen Geschichte. Was niemand erwartet hätte, wurde wahr: die deutsche Teilung, die Teilung Europas wurde friedlich beendet – mit Gebeten und Kerzen auf Demonstrationen.
Was für ein Geschenk! Welch eine Gnade!
Die Mauer fiel, die Grenze war offen, Menschen aus beiden Teilen Deutschlands konnten sich begegnen – auch wenn bis heute viel zu wenige diese Gelegenheit nutzen.
Mein Vater war Geschichtslehrer. Er sagte oft: Ich bin immer froh, wenn dieses Datum vorbei und nichts geschehen ist.
Der 9. November – ein schillerndes Datum: Größte Schuld und ein großes Geschenk fallen heute zusammen. Das macht es so schwer, mit diesem Tag umzugehen.
„Gerechtigkeit macht ein Volk groß; aber Unrecht macht ihm Schande“. So hat es ein jüdischer Weisheitslehrer vor mehr als 2500 Jahren gesagt. Der 9. November gibt ihm recht.
Charlotte Kalthoff,
Pastorin für Vertretetungsdienste im Kirchenkreis Laatzen-Springe