In unserem Land stehen sich derzeit zwei große politische Lager gegenüber. Die eine Seite sagt: Migrantinnen und Migranten in großer Zahl abschieben. Die andere: Gastfreundschaft und multikulturelles Miteinander leben. Das Tragische dabei: Einen fruchtbaren Austausch beider Seiten gibt es kaum. Stattdessen wiederholen meist beide Seiten nur ständig ihre Positionen und schimpfen auf die jeweils andere. Zwischen ihnen scheint eine Kluft zu liegen, die unüberwindbar ist. Gibt es noch einen Weg zueinander?„Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat“ (Röm 15,7), steht in der Bibel. So schwer es auch fallen mag: Der einzige Weg, die Kluft zu überwinden, ist den jeweils anderen „da drüben“ trotz allem als geschätzten Menschen wahrzunehmen, anzunehmen und auch verstehen zu wollen. Nein, er ist nicht in erster Linie ein schlimmer Verblendeter. Er ist zuallererst ein Mensch mit seiner eigenen Geschichte, in seiner ganz eigenen Lebenssituation, mit eigenen Erfahrungen, Gefühlen und Wertvorstellungen, die ihn geprägt haben. Genau so sollten wir ihn darum auch wahrnehmen und so einander verstehen lernen. Dazu braucht es Begegnungen und Dialoge, runde Tische, Foren und andere Formen des Austauschs. Es braucht Zeit, Geduld und auch immer wieder neu unsere Selbstbeherrschung, mit der wir Gefühle von Befremdung und Unverständnis zurückhalten, und unserem Ziel, den anderen tiefer zu verstehen, Vorrang geben. So - und nur so - kann nach und nach eine Brücke über die Kluft entstehen, die uns den Weg zueinander ebnet, und wir können am Ende auch nach einvernehmlichen Lösungen suchen. An dieser Brücke lasst uns gemeinsam bauen.