Den früheren Zustand bezeichnet die Naturhistorische Gesellschaft Hannover rückblickend als „katastrophal“: Bis 1974 sei die Leine „der schmutzigste Fluss Niedersachsens“ gewesen. Die Gütekarte des Landes stufte ihn zwischen Alfeld bis Neustadt durchgehend in die Klasse IV („außerordentlich stark verunreinigt“) ein – die schlechteste von sieben Güteklassen. „Fische und eine artenreiche Lebensgemeinschaft der wirbellosen Wassertiere gab es nicht mehr“, heißt es in dem 1990 veröffentlichten Bericht der Naturhistorischen Gesellschaft. Zwischen 1972 und 1974 verbesserte sich die Wasserqualität südlich Hannovers dann auf Güteklasse III, nördlich des bis 1974 modernisierten Klärwerks in Herrenhausen sogar auf Güteklasse II-III.
Grundsätzlich habe sich die Wasserqualität in Deutschland im Vergleich zu früheren Jahrzehnten mehrheitlich verbessert – so auch die der Leine, sagt Fabian Buß vom zuständigen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN). Wirklich sauber ist der Fluss aber weiterhin nicht: Das ökologische Potenzial – das ist die Gesamtbetrachtung der Lebensbedingungen in einem Gewässer – ist laut NLWKN „unbefriedigend“, insbesondere in Bezug auf die im Gewässer lebenden Muscheln, Insekten, Krebse und ähnlichen Tiere. Die Artenzusammensetzung der Fische und höheren Wasserpflanzen stuft die Behörde als „mäßig“ ein. Auch der chemische Zustand sei „nicht gut“.
„Anstelle der Güteklassen werden heute komplexe, moderne Bewertungsverfahren im Rahmen der EG-Wasserrahmenrichtlinie durchgeführt“, sagt Buß. Betrachtet würden hauptsächlich die im Gewässer lebenden Organismen und die im Wasser ablaufenden Prozesse. „Die menschliche Gesundheit steht hierbei nicht unbedingt an vorderster Stelle.“
Grund für den chemischen Zustand sei die weit verbreitete Belastung mit Quecksilber. „Dies betrifft alle Gewässer bundesweit gleichermaßen“, betont Buß. In den vergangenen Jahrzehnten sei Quecksilber großräumig über die Luft verbreitet worden, unter anderem durch die Verbrennung von Steinkohle zur Stromerzeugung. „Mit hoher Wahrscheinlichkeit wurde es so in die Gewässer eingetragen.“ Überschreitungen bei Pestiziden oder industriellen Schadstoffen gibt es in der Leine hingegen nicht: „Ohne Betrachtung von Quecksilber ist der chemische Zustand als ‚gut‘ zu bewerten.“
Zusätzlich untersucht das Gesundheitsamt 25 Badegewässer in der Region Hannover. Dabei hat die Behörde hauptsächlich hygienische Aspekte im Blick. „Da die Leine in Laatzen kein Badegewässer ist, wird sie von uns allerdings nicht beprobt“, erklärt Regionssprecherin Sonja Wendt. Wegen des anstehenden Leineschwimmens habe die Behörde aber Kontakt mit der SpVg aufgenommen und am Montag an drei Entnahmestellen (Start, Mitte der Strecke, Ziel) die E.coli- und Enterokokken-Werte in Anlehnung an die niedersächsische Badeverordnung gemessen.
Seit Mittwoch liegen die Ergebnisse vor. Das Gesundheitsamt stuft die Wasserqualität an den untersuchten Stellen als „akzeptabel“ ein. „Die Ergebnisse halten den Standard der von uns untersuchten EU-Badegewässer ein und liegen weit unter den Grenzwerten für ein Badeverbot“, sagt Wendt. „Anhand der aktuell vorliegenden Daten und der für die nächsten Tage vorausgesagten Wettersituation hat die Region keine Einwände zur Durchführung des Leineschwimmens.“ Die Bewertung könne sich noch einmal ändern, falls sich das Wetter signifikant ändern sollte.