Damit geht der Reigen der Auf- und Verkäufe der großen Wohnblocks im Laatzener Stadtzentrum weiter. Zum LEG-Bestand gehört unter anderem die große Wohnscheibe am Laatzener Marktplatz, aber auch mehrere Mehrfamilienhäuser an der Marktstraße und im Bereich Pestalozzistraße und Pettenkoferstraße zählen dazu. Die LEG hatte die Häuser Mitte 2020 von der Deutschen Wohnen erworben. Zu den vorigen Besitzern zählen die Immobiliensparte des Pirelli-Konzerns, die Gewerkschaftsholding BauBecon und die Neue Heimat.
Ihre Mieter hat die LEG im Mai mit einem relativ unkonkreten Schreiben über den Wechsel informiert. Angaben zum neuen Eigentümer macht das Unternehmen darin nicht. Auch auf Nachfrage dieser Zeitung hält sich die LEG bedeckt und begründet dies damit, dass mit dem neuen Eigentümer Stillschweigen darüber vereinbart worden sei. Aus der Richtung von Politik und Stadtverwaltung ist allerdings zu erfahren, dass es sich um einen Luxemburger Fonds handeln soll.
Nach LEG-Angaben erfolgte der Verkauf im vergangenen Monat. Der Besitzübergang werde voraussichtlich am 1. Januar 2025 erfolgen. Für die Mieter solle sich durch den Verkauf „im Prinzip“ nichts ändern, teilt die LEG mit. „Kauf bricht nicht Miete“, sagt ein Unternehmenssprecher. Alle mietvertraglichen Regelungen blieben bestehen. „Die Erwerberin der Immobilie wird in sämtliche Rechte und Pflichten des Mietvertrages eintreten.“ Damit beginnen die Bemühungen einiger Mieter, aber auch der Stadt, den Zustand der Gebäude zu verbessern, wieder von vorne. Seit Jahren klagen Mieter über haarsträubende Zustände in den Gebäuden, insbesondere in der Wohnscheibe. In manchen Hauseingängen und Fluren stinkt es nach Urin, Anwohner klagen über Ratten und Ungeziefer sowie über verzögerte und ausbleibende Reparaturen. Die Galerie der Wohnscheibe am Marktplatz ist wegen der Gefahr herabfallender Fassadenteile eingekleidet, an Betonpfeilern und -decken blättert Farbe ab, und es deuten sich Rostspuren an.Ernüchtert ist man in der Laatzener Politik. „Ich finde es schade, dass die Renovierungspläne und Umbaupläne, die im Zuge der Rathaus-Planungen in der Diskussion waren, in die Ferne gerückt sind“, sagt Silke Rehmert, Vorsitzende der SPD-Ratsfraktion. „Man muss sehen, wie die Gebäude weiterbestehen, im Endeffekt müssten sie energetisch saniert werden.“ Sie befürchte, dass bei einem Fonds als neuem Eigentümer noch mehr die Rendite im Vordergrund steht.„Es ist eine Schande, dass mit solchen Wohnungsmengen solche Geschäfte gemacht werden, indem sie immer weiterverkauft werden“, findet auch FDP-Ratsherr Gerhard Klaus. „Aber das ist Privateigentum, die können damit machen, was sie wollen.“ Er erwarte nicht, dass sich der Zustand der Gebäude verbessert. Auch Klaus Rathjen (Grüne) glaubt nicht, dass ein Fonds ein Interesse haben wird, das Wohngebiet zu entwickeln, sondern vielmehr darauf aus sei, „kurzfristig eine entsprechende Rendite herauszuziehen“.
Fabian Bodenstab (CDU) sieht keinen grundsätzlichen Unterschied zwischen Immobilienriesen wie der LEG und Fonds. „Über die Auswirkungen kann man aber noch nichts sagen“, sagt der Vorsitzende der CDU-Ratsfraktion.
Auch die Stadt will nun abwarten, bis sich der neue Eigentümer vorstellt. „Die Stadtverwaltung wird bei den Gesprächen mit dem neuen Eigentümer auf die baulichen Probleme hinweisen und auf ein Abstellen drängen“, erläutert Stadtsprecherin Ilka Hanenkamp-Ley. Eine Einschätzung der neuen Situation sei ohne solche Gespräche zum aktuellen Zeitpunkt nicht möglich. Aber: „Die Verkäufe großer Wohnungsbestände in Laatzen haben in der Vergangenheit meist nicht zu einer Verbesserung der Situation geführt“, ist man sich auch im Rathaus bewusst.
Da sich die LEG-Bestände im Sanierungsgebiet der Städtebauförderung befinden, hätte die Stadt theoretisch von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen können. Angesichts der leeren Stadtkasse und des Geschäftsvolumens bei dem Immobilienverkauf ist dies aber „faktisch nicht ausübbar“, wie es im Rathaus heißt. „Die Stadt hätte in den Kaufvertrag zum verhandelten Preis einsteigen müssen.“
Über die Höhe des Kaufpreises macht die LEG keine Angaben. Dem Vernehmen nach soll es sich aber um etwa 61 Millionen Euro gehandelt haben.
Als Grund für die Veräußerung gibt die LEG an, An- und Verkäufe gehörten zum Geschäft von Immobilienunternehmen. „Wir prüfen in regelmäßigen Abständen, ob die von uns bewirtschafteten Portfolios noch zu uns und unserer Strategie passen“, antwortet die LEG auf Anfrage.
Weitere Immobilienverkäufe in der Region Hannover habe es zuletzt nicht gegeben und seien auch nicht geplant. Das Unternehmen hatte aber Mitte Mai per Pressemitteilung bekannt gegeben, man habe seit Jahresbeginn insgesamt 2200 Wohnungen für rund 210 Millionen Euro veräußert oder einen Verkauf vereinbart. Insgesamt plane man sogar den Verkauf von 5000 Wohneinheiten. Wie die Laatzener Immobilien in die Strategie passen, wird aus dem Folgesatz der Mitteilung ersichtig. „Die Verkaufsaktivitäten richten sich vor allem auf Bestände am unteren sowie am oberen Ende des Qualitätsspektrums.“ Man könnte dies wohl so übersetzen: Man möchte die Sanierungsfälle unter den Immobilien loswerden.
In diese Richtung weisen auch die dürftigen Sanierungsbemühungen der vergangenen Jahre. Hatte die LEG noch im März 2022 angekündigt, im gleichen Jahr mit der Modernisierung der Wohnscheibe zu beginnen, zog sie die Pläne im November darauf zurück. Geplant war seinerzeit, die Gebäudehülle energetisch zu sanieren, Fenster zu erneuern und Kellerdecken zu dämmen. Außerdem sollten Balkone und Elektrotechnik saniert, die Treppenhäuser neu gestrichen sowie die Hauseingangstüren und der Brandschutz erneuert werden. Als Grund für den Rückzieher vor zwei Jahren nannte die LEG gestiegene Bau-, Finanzierungs- und Energiekosten. Stattdessen beschränkte man sich auf eine Erhöhung der Einnahmen. Mieter berichten, dass die Miete in der Wohnscheibe seit Anfang 2022 zweimal erhöht wurden. Auch hohe Nebenkostennachzahlungen machten ihnen zu schaffen. Über solche Dinge müssen die Mieter nun mit dem neuen Eigentümer verhandeln.