„Ich hatte schon als Kind eine besondere Affinität zur Naturwissenschaft“, sagt Westphal, der in Winsen/Luhe geboren wurde. Nach dem Studium mit Abschluss als Diplommathematiker blieb er seiner Leidenschaft treu, um dann 1974 beim hannoverschen Schulbuchverlag Schroedel anzufangen. Dieser legte in seinen Lehrbüchern ein besonderes Gewicht auf Mathematik und Naturwissenschaften. „Ich war Redakteur für das Grundschul-Mathebuch ‚Die Welt der Zahl‘ und Herausgeber für ‚Flex und Flo‘ zum flexiblen Matheunterricht“, sagt Westphal, der seit 1976 in Pattensen lebt. „Da blieb mir während der Woche und durch Tagungen am Wochenende nur unregelmäßig und nicht ganz so viel Zeit für mein Hobby.“
Dieses Hobby sind alte Autos. Parallel zu seinem Beruf ist Westphal im Lauf von mehr als 40 Jahren zum bundesweit geschätzten Spezialisten für Mercedes-Oldtimerteile geworden. „Meine Liebe zu Oldtimern begann, nachdem mein erstes Auto durch einen unverschuldeten Unfall zu einem Totalschaden wurde“, erzählt er. Dabei war das gar kein Mercedes, sondern ein 58-er VW Käfer, noch mit ausstellbaren Winkern zum Blinken.
Alle von ihm danach begutachteten Fahrzeuge – Fiat, Käfer, Karmann Ghia – waren in einem nicht mehr reparablen Zustand. Doch ein früherer offener Mercedes-Tourenwagen der Polizei, ein Diesel-Cabriolet mit vier Sitzen aus Hamburg, hatte es ihm angetan. So ging es los mit dem Restaurieren, von den originalen „Eierrückleuchten“ über das Blaulicht bis zum elfenbeinfarbenen Lack. „Da musste immer einiges gemacht werden, bis zum Versuch des Schweißens und Verzinnens. Am Wochenende war das für mich mit richtig schmutzigen Händen der Ausgleich zum Studium“, erinnert sich Westphal. Arbeiten am Fahrgestell führte er mit einem Fachmann für Mercedes-Oldtimer in Schleswig-Holstein aus. Für Blech- und Holzteile mussten jedoch andere Experten ran.
Beim gemeinsamen „Zerlegen des Autos bis auf die letzte Schraube“ stellte Westphal schon damals fest: Bei Mercedes gibt es nur eine beschränkte Anzahl von Ersatzteilen aus den Fünfzigerjahren. Mit einem Freund fing er deshalb an, europaweit Altbestände aufzukaufen - in Flensburg und in Mercedes-Vertretungen in Dänemark und Österreich, der Schweiz, Portugal und Spanien. „Die wären sonst verschrottet worden“, sagt er. Aus dem Verkauf überschüssiger und nicht selbst benötigter Teile wurde dann sein gewerblicher Handel, dessen Angebot sich über rund vier Jahrzehnte weiterentwickelte. Aktuell umfasst er ungefähr 6000 Mercedes-Ersatzteile für Oldtimer der Baujahre 1936 bis 1965.
Den Bastlerlohn für all die Mühen erhielt Westphal bei seinem Erstlingswerk übrigens nicht: Kurz bevor der ehemalige Polizeiwagen schließlich zum TÜV konnte, ging die Garage des Autos beim Schweißversuch mitsamt des Fahrzeugs in Flammen auf. Doch der Pattenser Oldtimerfan hatte sich glücklicherweise schon eine 52-er Mercedes Limousine 170SB mit Schiebedach gekauft. Vier Jahre dauerte die anschließende Restauration inklusive TÜV-Abnahme. „Ich fahre leider zu wenig damit. Am liebsten aber Landstraße. Denn mit einer Höchstgeschwindigkeit von 120 Stundenkilometern fühlt man sich damit auf der Autobahn bei den vielen Lkw schon etwas unsicher“, gesteht Westphal.
Ein weiteres Fahrzeug ist gerade beim Lackierer, dessen Fahrgestell muss ebenfalls noch bearbeitet werden. Es ist ein Mercedes Kombi, Baujahr 1952, der früher „angeblich mal Otto Waalkes gehört hat“. Sogar in einem von dessen Ulk-Spielfilmen soll der Wagen zu sehen gewesen sein. „Wenn die aktuellen Arbeiten erledigt sind, können endlich auch die Restarbeiten ausgeführt werden: ein neuer Kabelbaum, Bremsen, Lenkung“, kündigt Westphal an. Er freut sich schon auf viele Stunden in seiner rund 80 Quadratmeter großen Werkstatt samt kleinem Lager in Harkenbleck. „Bei alten Autos kann ich halt vieles noch selber machen. Die neuen müssen wegen der vielen Elektronik meist gleich in die Fachwerkstatt“, sagt er. Aber seine Lust an schmutzigen Händen ist ungebrochen. „Als Rentner muss man ja auch noch eine Beschäftigung haben“, sagt er lachend - und schraubt los.