Es entspricht Stettners Art, dass sie eher in einem Nebensatz erwähnt, dass sie sich über den Preis freue. Wichtiger ist es ihr aber hervorzuheben, dass Preise zur Anerkennung ehrenamtlicher Aktivitäten bedeutsam seien. „Es ist schön, wenn ehrenamtliche Arbeit gesehen und anerkannt wird. Sie wird an vielen Stellen als selbstverständlich angesehen“, sagt Stettner.
Bürgermeisterin Ramona Schumann (SPD) hatte Stettner ohne ihr Wissen für den Preis vorgeschlagen. „Ich war doch sehr überrascht, als Ramona mich anrief und mir mitteilte, dass ich diesen Preis bekomme“, sagt Stettner. Der Preis wird für „herausragendes Engagement in der Entwicklungszusammenarbeit“ verliehen. Ausgezeichnet werden vor allem Bürgerinnen und Bürger, die sich für die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen einsetzen, zum Beispiel die Bekämpfung von Armut und Hunger, die Förderung von Menschenrechten und Selbstbestimmung und den Kampf gegen den Klimawandel.Stettner kann bereits auf eine große Bandbreite ehrenamtlichen Engagements zurückblicken. Für den Verein Peer-Leader-International hat sie unter anderem einen Schüleraustausch zwischen der KGS Pattensen und einer Schule in Südafrika organisiert. Vor Kurzem wurde sie auch in den Vorstand des Vereins gewählt. Zudem hat sie mit weiteren Vereinsmitgliedern das Projekt „KlimaPeers on Tour“ entwickelt, das Radtouren zu nachhaltigen Klimaprojekten ausweist. Das Projekt bekam dieses Jahr beim Jugend-Klima-Wettbewerb des niedersächsischen Umweltministeriums den ersten Preis und wird mit 67.000 Euro gefördert.
Mitglied ist die 20-Jährige auch im Verein Freizeit ohne Barrieren und betreut dort Kinder und Erwachsene mit körperlichen und geistigen Behinderungen auf verschiedenen Reisen. „Dieses Jahr fahre ich im Sommer mit Kindern mit geistiger Behinderung an den Alfsee in Osnabrück und anschließend mit Erwachsenen mit körperlichen Behinderungen nach Usedom“, sagt Stettner. Die vorbereitenden Lehrgänge hat sie besucht. „Bei der Pflege von Menschen mit körperlichen Behinderungen ist es wichtig zu wissen, wo und wie sie angefasst werden müssen“, sagt Stettner.
Im Bereich Klimaschutz ist Stettner vielfältig aktiv, betreut unter anderem seit Jahren die Teilnahme der KGS Pattensen am Projekt Stadtradeln und war gerade erst für ein Inklusionsprojekt an der Eberhard-Schomburg-Schule in Laatzen am Bau eines Insektenhotels beteiligt. Zum World-Cleanup-Day hat im vergangenen Jahr hatte sie eine große Müllsammelaktion organisiert.
Weiterhin hat Stettner bei einem niedersächsischen Jugend-Barcamp gemeinsam mit anderen Jugendlichen ein Projekt dazu gestartet, wie Gedenkstätten neu gedacht und erschlossen werden können. Vor dem Rat in Pattensen hat sich Stettner maßgeblich dafür eingesetzt, dass Tampons und Binden auf den Schultoiletten kostenlos angeboten werden, was dann auch mehrheitlich beschlossen wurde. Woher nimmt sie die Kraft, das alles zu bewältigen? „Mir macht es Freude, anderen Menschen zu helfen. Das gibt mir Kraft“, sagt Stettner. Sie fügt aber auch hinzu, dass sie ihre Grenzen kennt und diese auch nach außen vertritt. „Es sollte nicht das Ziel sein, im Ehrenamt auszubrennen“, sagt sie. In ihrer Freizeit trifft sie sich gerne mit Freunden, geht wandern oder schwimmen.
Die 20-Jährige ist in Pattensen aufgewachsen und hat im vergangenen Jahr ihr Abitur an der KGS bestanden. Sie blieb noch für ein Freiwilliges Soziales Jahr an der Schule, das jetzt endet. Ab Oktober wird sie in Hannover Sonderpädagogik studieren.
Vorerst will Sophie Stettner in Pattensen wohnen bleiben, sie wird vermutlich noch das ein oder andere Projekt anschieben. Aktuell tauscht sie sich mit Schumann darüber aus, ob es nicht Möglichkeiten gibt, Kinder und Jugendliche aufzufangen, die sich im bestehenden Schulsystem nicht wiederfinden. „Wir müssen anerkennen, dass die Interessen facettenreich sind und die Welt unterschiedlich wahrgenommen wird“, sagt Stettner.
Sieht sie sich auch in einer Art Vorbildrolle für andere? Da winkt die 20-Jährige ab. „Ehrenamtliches Engagement ist immer ein Zusatz, ein Add-On“, sagt die Pattenserin. Das sollte nicht von anderen Menschen erwartet werden. „Viele Menschen haben aus finanziellen oder anderen Gründen genug damit zu tun, das Leben überhaupt zu bewältigen. Da ist ehrenamtliches Engagement dann einfach nicht möglich.“