Mit der Idee eines Bildungscampus will die Stadt Laatzen die Raumprobleme der Schulen im Stadtzentrum lösen. Das Erich-Kästner-Schulzentrum (EKS) und die Grundschule Pestalozzistraße haben jetzt Stellung bezogen – und sehen das Konzept unterschiedlich: Während vor allem das Gymnasium wegen der Neubaupläne um seinen Schulhof und den Schulgarten fürchtet, begrüßt es die Grundschule, dass die Stadt aktiv wird und einen Entwurf aus einem Guss plant. Änderungswünsche haben beide – und machen in einer gemeinsamen Stellungnahme Vorschläge.
Am Dienstag, 27. Februar, soll der Schulausschuss eine Grundsatzentscheidung zur Campusidee treffen. Die Stadtverwaltung hatte vorgeschlagen, auf Teilen des Schulhofs und der Sportflächen hinter dem neuen Erich-Kästner-Schulzentrum eine dritte Grundschule für Laatzen-Mitte zu errichten. Die Grundschule Pestalozzistraße soll danach saniert und als kleine, zweizügige Grundschule weitergeführt werden. Um Platz zu schaffen, würde der Sportplatz hinter dem Schulzentrum um 90 Grad gedreht und näher an die Bundesstraße 6 rücken. Die wichtigsten Themen der gemeinsamen Erklärung:
Beherrschendes Thema ist das künftige Platzangebot. „Das Schulgelände des EKS wurde im Zuge des Neubaus deutlich verkleinert. Nun soll dieses zusätzlich den Neubau einer komplett neuen Schule beherbergen“, schreiben die drei Schulen. In einer separaten Anmerkung verdeutlicht das EKS seine Sorgen: „Das Baufeld für die neue Grundschule beinhaltet in der aktuellen Form wesentliche Teile des aktuell bereits überschaubaren Schulhofs sowie den gerade erst neu geplanten und in den Grundzügen bereits angelegten Schulgarten. Wir bitten darum, diese Bereiche aus dem Baufeld herauszunehmen.“Schulleiterin Ulrike Mensching ergänzt: „Es ist völlig unbestritten, dass die Grundschule mehr Platz braucht. Aber bitte nicht von uns.“ Sie befürchtet, dass der Neubau so nahe an das Gymnasium rückt, dass dazwischen nur noch wenige Meter liegen. Zudem wünscht sich die Schule angesichts der zunehmenden Schülerzahl eine Vergrößerung von Forum und Mensa, da der Platz schon jetzt kaum ausreiche.
Hintergrund sind auch Erfahrungen von Schulen in sozialen Brennpunkten. „Durch eine Ballung von über 2500 Schülerinnen und Schülern auf einem Bildungscampus würde sozialer Stress erhöht“, ist man am EKS überzeugt. „Bildungscampus ist ein euphemistischer Begriff dafür, viele junge Menschen auf begrenztem Raum unterzubringen“, finden die beiden Erich-Kästner-Schulen – und kommen zu dem Schluss: „Räumliche Enge heizt Konflikte an.“ Diese Erfahrungen hätten auch Schulen wie die IGS Stöcken und die IGS Büssingweg in Hannover gemacht, wo derzeit das Thema Gewalt diskutiert wird.
Die Erich-Kästner-Schulen sorgen sich darum, dass Bäume gefällt und Grünflächen versiegelt würden. Die Schüler könnten so weniger Naturerfahrungen sammeln. „Zudem könnten sie Pausen vom Lernen kaum nutzen, da sie kaum Ruhe erfahren. Grün statt Grau, Spielplatz statt Betonblock wäre eine tatsächlich bahnbrechende Vision für Laatzen-Mitte“, heißt es in dem Papier. Tatsächlich umfasst das bislang von der Stadt skizzierte Baufeld für den Grundschulneubau mehrere Bäume und auch den hügelartigen Wall, der derzeit den Pausenhof vom dahinter liegenden Sportplatz trennt.
Alle drei Schulen betrachten eine akustische sowie räumliche Trennung der Schulen als „unbedingte Voraussetzung“. Zwar wünsche man Kooperationen, „jedoch nicht aus dem Zwang der verengten gegenseitigen Lage heraus“. Es müsse eine klare Trennung zwischen beiden Grundschulen geben, fordert zudem die Grundschule. Auf der bisherigen Skizze sind die Schulhöfe zueinander ausgerichtet.
Die Stadt hatte allerdings betont, dass Änderungen möglich sind – was die Schulen ausdrücklich begrüßen.Sorge bereitet auch das Sportangebot. Zwar plant die Stadt, das Angebot an Sporthallen auf insgesamt zwölf Spielfelder zu erweitern. Allerdings würde mit dem bestehenden Hartgummiplatz neben dem Sportplatz eine „stark frequentierte“ Außensportfläche wegfallen, auf der Fußball und Basketball gespielt wird. „Diese wird weit mehr genutzt als der Rasenplatz und sollte unbedingt erhalten bleiben“, heißt es am EKS. Der Sportplatz werde auch als Aufenthaltsmöglichkeit in Pausen benötigt.Besonders groß ist die Raumnot aktuell an der Grundschule Pestalozzistraße. „Ich finde es großartig, das s das jetzt angegangen wird und man versucht, im Großen zu denken. Das hätte schon viel früher passieren müssen“, sagt Schulleiter Axel Paulig. Die Verlegung des bisherigen Standorts an den von der Stadtverwaltung vorgeschlagenen Platz sei denkbar. Die Schule regt zudem an, zu prüfen, ob eine Ausnahmegenehmigung des Landes zum Betrieb einer sechszügigen Grundschule beispielsweise für zehn Jahre möglich ist. „Die Schulleitung als auch das Kollegium wären dazu bereit“, heißt es.Dies würde die Pläne allerdings verzögern: Bei einem solchen Szenario könnte die Stadt Pläne der Grundschule Im Langen Feld nicht übertragen, sondern müsste neu und größer planen. Sollte es doch auf zwei Schulen hinauslaufen, müssten diese wohl getrennt betrieben werden. Eine Außenstelle zu betreiben hält Paulig für problematisch.
Insgesamt tun sich insbesondere die Erich-Kästner-Schulen mit dem von der Stadt vorgeschlagenen Standort für die dritte Grundschule wegen der Platznot schwer. Sie schlagen deshalb vor, zu prüfen, ob der Bau einer weiteren Grundschule „an ganz anderer Stelle nicht sinnvoller wäre, um eine Mischung der Sozialstrukturen zu fördern“. Sollte die Stadt am Bildungscampus festhalten, „sollte die neue Grundschule anstelle der Container und des Kinder- und Jugendzentrums in unmittelbarer Nähe zur bisherigen Grundschule gebaut werden“, heißt es in der gemeinsamen Erklärung. Das Kinder- und Jugendzentrum könnte dann im neuen Nachbarschaftshaus oder im Neunzigerjahrebau der jetzigen Grundschule unterkommen.
Auf dem bisherigen Parkplatz des Schulzentrums und der Fläche des abgerissenen Altbaus plant die Stadt eine Wohnbebauung. Die Schulen wünschen sich, dass die Pläne wegen der Enge überdacht werden. Stattdessen könnten dort beispielsweise zusätzliche Sportanlagen und Pausenbereiche entstehen, lautet ihr Vorschlag. Unterkommen könnte dort auch der Erweiterungsbau der Oberschule, die zusätzliche Räume benötigt. Vorteil: „Die Sporthalle eins könnte saniert und mit Tribüne erhalten bleiben.“ Am Gymnasium kann man sich sogar vorstellen, die neue Grundschule dort zu errichten, was diese jedoch ablehnt.