Energiemengen von bis zu 7,2 Megawatt könnten mit den Anlagen neuesten Typs gewonnen werden, heißt es in einer den Gremien im Herbst vorgestellten Präsentation. Rein rechnerisch ließe sich bereits mit fünf derartigen Windrädern ein prognostizierter Nettoparkertrag von jährlich rund 92.000 Megawatt erzielen. Das entspreche dem Stromverbrauch von 29.763 Privathaushalten, heißt es in der Präsentation. „Das würde ausreichen, um die Stadt Laatzen mit Strom zu versorgen“, so Stadtsprecher Bastian Wegener bei der jüngsten Ortsratssitzung in Gleidingen. Dies sei aber nur ein Rechenbeispiel.
Allerdings sind auch die Ausmaße der neuen Windräder gewaltig. Allein die Nabenhöhe – die Entfernung vom Boden bis zum Mittelpunkt, um den die Rotorblätter kreisen – beträgt 175 Meter. Mit aufgestelltem Rotorblatt sind es dann 261 Meter. Zum Vergleich: Die fünf derzeit größten Anlagen auf Laatzener Gebiet stehen – direkt neben jenen Anlagen auf Sehnder Gebiet – auf einem Acker am Meerberg südöstlich von Ingeln-Oesselse.
Die Anlagen dort sind mit 67 Metern bis zur Rotornabe und einer Gesamthöhe von 100 Metern nicht einmal halb so groß wie die Windräder der neuesten Generation. Die 261-Meter-Anlagen seien die zurzeit größten an Land zu errichtenden Windräder, bestätigte Stadtsprecher Wegener.
„Ich bin wirklich für erneuerbare Energien, aber Laatzen ist nicht das Flächenland“, sagte CDU-Kommunalpolitikerin Silke Schönecke aus Gleidingen unter dem Eindruck der immensen Höhe. Ihr Ortsratskollege Michael Cobau (SPD) äußerte sich positiver: „Wenn Laatzen es schafft, eigenen Strom zu produzieren, wie auch andere Städte, wären wir ein ganzes Stück weiter.“
Besagte Windräder vom Typ 3 sind nicht nur größer, sondern mit Größenordnungen von bis zu 7,2 Megawatt auch um ein Vielfaches leistungsfähiger als jene am Meerberg, die jeweils bis zu 1,5 Megawatt produzieren. Dies gilt einmal mehr im Vergleich zu den beiden ältesten Laatzener Windrädern, die sich seit 1995 auf der Anhöhe zwischen Ingeln-Oesselse und Gleidingen am Streitberg drehen. „Ingeborg“ und Heinrich“ produzieren dort in der Spitze gerade einmal 0,5 Megawatt. Die hohen Windräder seien natürlich eine optische Beeinträchtigung, sagte Ingeln-Oesselses Ortsbürgermeister Heinrich Hennies (CDU) bei der Gremiumssitzung im November. Einzelne könne er sich aber vorstellen . „Das ist immer noch zumutbar gegenüber Anlagen an der Küste, wo 20 bis 30 Windräder drehen“, sagte Hennies.Schon eine Anlage neuen Typs könnte mehrere Vorgänger-Windräder ersetzen und trotzdem noch mehr Strom produzieren. Für sogenanntes Repowering sind altersmäßig alle sieben bestehenden Windräder auf Laatzener Gebiet geeignet, da sie seit mindestens 20 Jahren am Netz sind. Gleichwohl kommt dies in Laatzen bis auf Weiteres nicht infrage. Grund: Die Bestandsanlagen stehen im Schutzradius des Drehfunkfeuers der Deutschen Flugsicherung in Sarstedt und dürfen nicht mit mehr als doppelt so großen Windrädern ersetzt werden.
Auf den im RROP-Entwurf der Region für Laatzen neu vorgesehenen Potenzialflächen sind die 261 Meter hohen Riesenwindräder hingegen zu realisieren. Diese Potenzialflächen liegen im Bereich der Bruchriede in der Gemarkung Rethen, Gleidingen und Ingeln-Oesselse. Jene in der Rethener Feldmark befinden sich in der Nähe zu einem landesweit bedeutsamen Rotmilan-Brutvogelgebiet als auch zum VGP-Gewerbepark. Dass dort Windräder gebaut werden, ist zwar weiterhin möglich, gilt nach ersten Reaktionen aus der Politik im Herbst jedoch als unwahrscheinlich. Gleichwohl gebe es Investoren, die auch dort gern Anlagen errichten würden, bestätigte die Stadt mit Verweis auf vertrauliche Gespräche. Die Entscheidung, ob überhaupt und wenn ja was gebaut wird, obliegt allein der Stadt Laatzen. Denn anders als bei Vorrang- und Vorbehaltflächen für Windenergie sind die Kommunen bei Potenzialflächen nicht verpflichtet, dem Bau von Windrädern zuzustimmen. „Ohne Ratsentscheid wird die Stadt nicht tätig werden können, wollen oder dürfen“, stellte ihr Sprecher Wegener klar: „Es ist Aufgabe des Rates und der Politik, entsprechende Regelungen zu schaffen.“Mit ihrer vom Rat abgesegneten Stellungnahme an die Region hat die Stadt Laatzen erklärt, noch keine Aussage zur möglichen Entwicklung der Potenzialfläche zu treffen. Zugleich kündigte sie Schritte zur Entscheidungsfindung an. Noch im Januar sollten Rat und Ortsräte mit der Region Hannover weitere Informationen zu den Möglichkeiten von Windenergie in Laatzen erhalten, heißt es in dem Ratsbeschluss: „Wenn der politische Wunsch bestehen sollte, die Potenzialflächen zu nutzen, könnte Ende 2024 mit einem Bauleitplanverfahren gestartet werden.“